Das Ziel der vorgestellten Studie war es, typische Geschwindigkeitskurven in Beinaheunfällen herauszufinden und eine Methode zu entwickeln, mit der aus den vorhandenen umfangreichen Geschwindigkeitsdaten Beinaheunfälle herausgearbeitet werden können. Herangezogen wurden für die Studie jene Konfliktsituationen, die zu Schnellbremsungen führten. Dabei wurde davon ausgegangen, dass sich die Bremsung in solchen Situationen signifikant von jenen in normalen Situationen unterscheidet und dass diese Differenz gemessen werden kann. Zunächst wird ein Überblick über relevante Literatur und Theorien zur Bremsung in Konfliktsituationen gegeben. Darin wird vor allem davon ausgegangen, dass der Grad der Verzögerung das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen normaler und Schnellbremsung ist. Die Daten für die Untersuchung wurden ohne Wissen der Fahrer im Rahmen eines primär für andere Zwecke durchgeführten Feldversuchs auf einer Teststrecke im realen Verkehr erhoben. Messinstrumente und Videokameras waren versteckt. Die Fahrer wurden jedoch von einem Beobachter begleitet, so dass sie wussten, dass sie unter einer gewissen Beobachtung standen. In die Analyse konnten nur vier Beinaheunfälle einbezogen werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es beträchtliche Unterschiede bei der von den Fahrern gewählten Verzögerung gibt. Die Verzögerung ist in Konfliktsituationen nicht generell höher als in normalen Situationen. In Konfliktsituationen startet die Bremsung abrupt und die Erhöhung des Drucks auf die Bremsen erfolgt während eines für die Datenregistrierung vorgesehenen 0,2-Sekunden-Intervalls. Die Geschwindigkeitskurven zeigen, dass die Verzögerung in normalen Situationen Graduell, in Konfliktsituationen abrupt beginnt. Entscheidendes Ergebnis der Studie ist, dass der abrupte und heftige Beginn der Verzögerung auf ein kritisches und somit sicherheitsrelevantes Verhalten im Verkehr hindeutet. Abschliessend werden einige methodische Fragen und Aspekte einer zukünftigen Forschung diskutiert. (KfV/A)
Abstract