Motivation der Verkehrsteilnehmer durch Bestrafung?

Author(s)
Stühlinger, G.
Year
Abstract

Gerichtlich Verfolgte oder Bestrafte oder Personen, die schwere Verkehrsdelikte begangen haben, kuendigen gegenueber Beamten meistens an, "so etwas nie mehr zu tun". Personen, die wegen geringer Verkehrsdelikte bestraft werden, versprechen dagegen, sich "nie mehr erwischen" zu lassen. Es ist daher zu ueberlegen, ob das derzeitige Bestrafungssystem nicht neu geordnet werden sollte. Im steirischen Bezirk Weiz bot sich im Rahmen des Projektunterrichts des Bundesgymnasium/Bundesrealgymnasium Weiz die Moeglichkeit, die Einstellung der Bevoelkerung des Bezirkes Weiz zu verkehrssicherheitsrelevanten Themen zu untersuchen. Gefragt wurde nach Einstellungen zu Verkehrsueberwachung und Verkehrsregelungsmassnahmen sowie nach individuellen Erfahrungen mit Bestrafungen und Unfaellen. Die Landesstelle Steiermark des Kuratoriums fuer Verkehrssicherheit begleitete das Projekt bei der Gestaltung eines Fragebogens und bei der Auswertung. 255 weibliche und 238 maennliche Bewohner des Bezirks im Alter ab 18 Jahren wurden befragt. 415 Personen waren zum Zeitpunkt der Befragung im Besitz einer Lenkerberechtigung. 89,4 Prozent der Befragten akzeptieren die Verkehrsueberwachung und erachten sie als sinnvoll fuer die Verkehrssicherheit. Die Chancen, bei der Behoerde den eigenen Standpunkt wirkungsvoll vertreten zu koennen, werden als gering eingeschaetzt. 31,5 Prozent der Bestraften gaben an, sie seien zu Unrecht bestraft worden. Nur 20,3 Prozent der bestraften Befragten gaben an, aufgrund der Verkehrsstrafe das Verkehrsverhalten geaendert zu haben, 33,6 Prozent antworteten mit "teilweise" und 46,1 Prozent mit "nein". 80 Prozent aller Befragten plaedieren dafuer, dass nicht sofort bestraft, sondern oefter ermahnt werden sollte. Volle Zustimmung zum Satz "Verkehrsstrafen wirken sich positiv auf das Verhalten im Strassenverkehr aus" kam nur von 20,3 Prozent der Befragten. Die Einstellungen zur Verkehrssicherheitswerbung sind positiv, bezueglich zusaetzlicher Verkehrsregelungen sind die Befragten in ihrer Zustimmung beziehungsweise Ablehnung gespalten. 46,3 Prozent der Befragten waren bereits an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen, 38,4 Prozent der Fuehrerscheinbesitzerinnen und 69,1 Prozent der Fuehrerscheinbesitzer waren bereits bestraft worden. Tempoueberschreiter finden signifikant haeufiger, dass Verkehrsueberwachung nicht der Verkehrssicherheit diene, alkoholisierte Lenker, dass Verkehrsregelungen wie Geschwindigkeitsbeschraenkungen meist uebertrieben sind. Bestrafte haben bezueglich Nuetzlichkeit von Verkehrsueberwachung und Verkehrssicherheitswerbung durchwegs eine negativere Einstellung als nicht Bestrafte. Aus den Ergebnissen werden unter anderen folgende Schlussfolgerungen gezogen: Dem Wunsch, bei leichten Verkehrsvergehen oefter zu ermahnen und nicht sofort zu strafen, sollte entsprochen werden. Der Fuehrerscheinentzug sollte verstaerkt nach lernpsychologischen Kriterien gestaltet werden. Eine kontinuierliche Oeffentlichkeitsarbeit ueber Verkehrsregelungen ist notwendig. Die Strafe als alleinige "Lerntechnik" ist ernsthaft in Frage zu stellen. (KfV/A).

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Library number
C 28779 [electronic version only] /73 /83 / ITRD D335922
Source

Zeitschrift für Verkehrsrecht, Vol. 45 (2000), No. 2 (Februar), p. 61-65

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