Pilotversuch Velostrassen

Auswertung Pilotversuch
Author(s)
Metron Bern AG
Year

Aufgrund eines gewachsenen Interesses an einer Einführung von Velostrassen in der Schweiz, haben sich einige grössere Städte mit dem Anliegen an das ASTRA gewandt, einen Pilotversuch durchzuführen. Das ASTRA forderte eine inhaltliche, zeitliche und organisatorische Koordination und übernahm die Federführung beim Pilotversuch. Die Städte waren für die infrastrukturellen Massnahmen und die Erhebungen zuständig.

Durchgeführt wurde der Pilotversuch mit 8 versuchsweise eingeführten Velostrassen in den fünf Städten Basel, Bern, Luzern, St.Gallen und Zürich. Dabei wurden die Veränderungen im Vergleich mit dem Vorherzustand beobachtet. Bei der Interpretation der Ergebnisse wurden auch Erfahrungsberichte aus dem Ausland berücksichtigt. Der vorliegende Bericht soll als Grundlage für die Festlegung des weiteren Vorgehens durch das ASTRA dienen.

Die zentralen Ergebnisse des Pilotversuchs sind:

  • Veloaufkommen
    Es wurde eine teilweise deutliche Zunahme des Veloaufkommens registriert. Der Einfluss allfälliger externer Faktoren (z.B. Witterung) konnte nicht abschliessend eruiert werden. Bei drei Pilotstrecken wurde nicht nur eine absolute Zunahme registriert, sondern diese lag auch deutlich über der mittleren Entwicklung ausgewählter Zählstellen in den Gesamtstädten.
  • Aufkommen Motorfahrzeuge
    Die Belastung mit Motorfahrzeugen hat sich unterschiedlich entwickelt. In Bern nahm das Aufkommen deutlich ab, in Basel zu. Beide Entwicklungen können nicht abschliessend erklärt werden. Auf den übrigen Pilotstrecken blieben die DTV-Zahlen mehr oder weniger unverändert.
  • Geschwindigkeiten Veloverkehr und MIV
    Die Geschwindigkeiten (v85) stagnierten bei beiden Verkehrsarten insgesamt: Beim Veloverkehr bei 26 km/h auf hohem Niveau, beim MIV bei 32 km/h. Eine Zunahme der Geschwindigkeiten ergab sich einzig in Bern, wo die Linienführung begradigt wurde.
  • Verständnis des Regimes
    Nur gut die Hälfte aller Anstösser gab an, das Regime ganz verstanden zu haben. Da das Signal mit keinen Rechten und Pflichten verbunden war und die Bevölkerung nur minimal informiert wurde, ist dies nicht weiter erstaunlich. Einmal mehr bestätigt sich die Erfahrung, dass die Bedeutung eines neuen Signals schwer vermittelbar ist und Zeit braucht.
  • Akzeptanz des Regimes
    Umfragen ergaben eine hohe Akzeptanz der Velostrasse sowohl bei Anstössern wie auch bei Verkehrsteilnehmenden. Auch das Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmenden hat sich nicht verschlechtert (MIV, Velo, Zufussgehende).
  • Konflikte und Unfälle
    Es bestehen keine belastbaren Hinweise auf vermehrte Konflikte oder auf eine Sicherheitseinbusse. Die Fallzahlen sind zu tief für quantitative Interpretationen. Die qualitative Analyse zeigt jedoch, dass keine neuen Unfallmuster oder Unfallhäufungen entstanden sind. So gab es keine Unfälle im Zusammenhang mit häufiger beobachteten nebeneinanderfahrenden Velos und keine Fussgängerunfälle.

Aufgrund der Ergebnisse kann kein eindeutiger Schluss zur Zweckmässigkeit von Velostrassen gezogen werden, da insgesamt über alle Pilotstrecken weder ein klarer Nutzen
nachgewiesen werden konnte, noch negative Auswirkungen festgestellt wurden. Einzelne Hinweise auf Nutzen und Nachteile liegen jedoch vor.

Generell kann festgestellt werden, dass der erzielbare Nutzen wohl beschränkt ist, und nur mit entsprechenden Anstrengungen zu erreichen ist. Unbestritten ist, dass die Signale und markierten Velosymbole einen Beitrag an die Verdeutlichung der Veloführung bzw. die Sichtbarkeit des Veloverkehrs leisten können.

Es kann aber auch festgestellt werden, dass keine gewichtigen Nachteile zu befürchten sind, die gegen die Einführung von Velostrassen in der Schweiz sprechen würden. Die meisten negativen Wirkungen, die in Einzelfällen erkennbar sind, können mit geeigneten Massnahmen vermieden werden, etwa das mangelnde Verständnis des Signals, steigende Geschwindigkeiten oder zunehmendes MIV-Aufkommen.

Wichtig ist, dass das Regime nur auf geeigneten Strecken angewandt wird und dass ortsspezifisch massgeschneiderte Massnahmen ergriffen werden, um die allfällig zu befürchtenden negativen Wirkungen zu vermeiden. Damit wird auch klar, dass eine gut umgesetzte Velostrasse keine Billiglösung der Veloführung bzw. der Veloförderung ist, sondern sorgfältig geplant und gestaltet werden muss, damit die angestrebten Ziele erreicht werden können.

Pages
199
Library number
20240092 ST
Publisher
Bundesamt für Strassen ASTRA, Bern

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