Der Anteil der ueber 60 Jahre alten (insbesondere weiblichen) Fuehrerscheinbesitzer wird in den naechsten Jahrzehnten stark zunehmen. Die Fahrleistungen der Senioren werden ebenfalls erheblich anwachsen, sodass sich die Frage nach der Verkehrssicherheit stellt. Bei der Hauptverursachung von Verkehrsunfaellen mit Personenschaeden zeigte sich fuer das Jahr 2000 eine deutliche Altersabhaengigkeit: Mehr als 2/3 aller unfallbeteiligten Pkw-Fahrer im Alter zwischen 18 und 21 Jahren wurden als Hauptunfallverursacher eingestuft. Senioren ueber 65 Jahre waren zwar nur an 5,4 Prozent der Unfaelle beteiligt, in der Mehrzahl wurde ihnen jedoch die Schuld am Unfall gegeben. Typische Fahrfehler fuer Fahrer ab dem 55. Lebensjahr, die zu einem Unfall fuehren, sind Vorfahrtsfehler. Wenn Altern auch keine Krankheit ist, so kommt es mit zunehmendem Alter doch zum gehaeuften Auftreten neuer Erkrankungen, zu Defiziten im Leistungsvermoegen durch die Folgen chronischer Erkrankungen und zu einer physiologischen Verminderung der funktionellen Kapazitaeten. Betroffen sind hiervon das Herz-Kreislauf-System, das Atmungssystem, Verdauung und Ausscheidung, das Nervensystem, das hormonelle Regulationssystem und der Stuetz- und Bewegungsapparat. Die haeufigste Todesursache, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, spielt hinsichtlich der Fahrtauglichkeit eine untergeordnete Rolle; die Gefahr des ploetzlichen Todes am Steuer ist sehr gering. Aehnlich verhaelt es sich mit der Krankheitsgruppe der hormonellen Stoerungen. Auch die Erkrankungen der Atmung, der Verdauung und der Ausscheidung spielen eine untergeordnete Rolle. Von erheblicher Bedeutung dagegen sind die Erkrankungen des Stuetz- und Bewegungsapparates: Bis zu 85 Prozent der 70- bis 79-Jaehrigen leiden an Arthrose. Die gravierendsten Auswirkungen gehen allerdings von den Erkrankungen und physiologischen Kapazitaetsstoerungen des Nervensystems aus. Betroffen sind Perzeption, Verarbeitung und Reaktion in unterschiedlicher Staerke. Besonders stoeranfaellig im Alter ist das optische System (zum Beispiel Altersweitsichtigkeit, Verminderung der Sehfaehigkeit im Dunkeln, vermehrte Blendempfindlichkeit, reduziertes Gesichtsfeld). Die Ursachen fuer die Defizite, die als altersspezifische Risikofaktoren angesehen werden, liegen eher im psychologischen Erklaerungsfeld: Herabsetzung der Geschwindigkeit der Reaktionsverarbeitung, der Konzentration und der Aufmerksamkeit sowie Einbussen bei den Gedaechtnisleistungen. Referat, gehalten im Arbeitskreis I (Leitung: Borck,E) des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2002.
Abstract