Verkehrscoaching. Das Ende der verkehrspsychologischen Nachschulung?

Author(s)
Chaloupka-Risser, C.
Year
Abstract

Das oesterreichische Bundesministerium fuer Verkehr, Innovation und Technologie (BMVTI) koennte die weitere Verkehrssicherheitsarbeit fuer niedriger alkoholisierte Kraftfahrer (0,8 - 1,19 Promille) beruhigt auf den bewaehrten und solide evaluierten Nachschulungsmassnahmen aufbauen, die bislang von speziell dafuer ausgebildeten Verkehrspsychologen durchgefuehrt werden. Die 13. Fuehrerschein-Gesetzes (FSG)-Novelle sieht jedoch hierfuer die Einfuehrung des so genannten Vekehrscoaching vor und zwar unter Leitung von Rettungsorganisationen wie Rotem Kreuz und anderen unter Beteiligung von Psychologen ohne besondere Qualifikation. Dabei sollen im Gruppenkurs fuer 4 - 12 Personen von 4 Einheiten zu je 50 Minuten - durchgefuehrt an einem Halbtag - folgende Ziele erreicht werden: im ersten Teil des Verkehrscoachings (maximal 100 Minuten) sollen den Teilnehmern durch Erfahrungsberichte der Kursleiter (Sanitaeter vorgenannter Rettungsorganisationen) die Folgen des Lenkens von Kraftfahrzeugen in alkoholisiertem Zustand veranschaulicht werden. Dadurch soll das Bewusstsein fuer verantwortungsvolles Handeln im Strassenverkehr geschaffen werden. Ausserdem sind die physischen Auswirkungen von Alkohol auf den menschlichen Organismus darzustellen. Im zweiten Teil des von Psychologen durchgefuehrten Verkehrscoachings (maximal 100 Minuten) soll gezielt auf die individuelle Persoenlichkeit jedes Kursteilnehmers eingegangen und gemeinsam geeignete Verhaltensmuster und Handlungsalternativen erarbeitet werden, um kuenftig Alkoholkonsum und das Lenken von Kraftfahrzeugen zuverlaessig zu trennen. Die Evaluation der neuen Massnahme soll im Nachhinein erfolgen. Die Vorgehensweise diesbezueglich wurde nicht definiert. Kritisiert wird, dass derartige Massnahmen wie "Erfahrungsberichte der Kursleiter" bereits in den 1990er Jahren in der Schweiz gescheitert sind, belegt durch zwei Evaluationsstudien. Zudem wird kritisiert, dass speziell fuer Nachschulungsmassnahmen qualifizierte Verkehrspsychologen indirekt bei der Durchfuehrung des zweiten Teils des Verkehrscoachings ausgeschlossen sind, denn die verantwortlichen Sanitaetsstellen koennen jeden jungen, unerfahrenen Psychologen dafuer anheuern, der gerade sein Studium abgeschlossen hat und "billiger" kommt als vorgenannte Verkehrspsychologen mit Post-graduate-Ausbildung. In den 36 Stellungnahmen zur 13. FSG-Novelle finden sich viele wissenschaftliche Belege gegen das Verkehrscoaching, aber kein einziges wissenschaftliches Argument fuer dessen Wirksamkeit. Abschliessend wird bedauert, dass das oesterreichische Kuratorium fuer Verkehrssicherheit (KfV) die geplante Massnahme beim BMVIT befuerwortet und mit daran arbeitet, Verkehrspsychologen als im Sinne der Verkehrssicherheit bewaehrte Berufsgruppe von wichtigen Verkehrssicherheitsmassnahmen auszuschliessen. Eine Stellungnahme des KfV zu diesem Beitrag ist angekuendigt.

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Library number
I D364749 [electronic version only] /73 /83 / ITRD D364749
Source

Zeitschrift für Verkehrssicherheit. 2009. 55(4) Pp200-4 (8 Refs.)

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