Zumutbare Fahrerreaktionen.

Author(s)
Kaufmann, P. Vavryn, K. Brandstätter, C. & Lager, F.
Year
Abstract

Zumutbare Fahrerreaktionen zur Abwehr in Gefahrensituationen mit Erreichen oder Überschreiten der physikalischen Grenzwerte sind in der Literatur ein noch weitgehend unbehandeltes Gebiet. Zur Untersuchung des Problems wurde im Fahrtechnikzentrum Teesdorf eine unfallkritische Situation durch ein plötzlich auftauchendes Hindernis simuliert, wobei die verschiedenen Fahrerreaktionen an einer Stichprobe beobachtet und protokolliert wurden. Die Stichprobe bestand aus 194 Personen, wovon 136 (70,1 Prozent) männlich und 58 (29,9 Prozent) weiblich waren. Es zeigte sich, dass es für viele Fahrzeuglenker - besonders in physikalischen Grenzsituationen - nicht möglich ist, eine plötzlich auftretende kritische Situation angemessen - das heisst ohne das Hindernis zu überfahren - zu bewältigen. Nur knapp über 8 Prozent der Testfahrer konnten im 1. Durchgang die Hinderniskombination ohne Fahrfehler bewältigen. Zwar konnten weitere 46 Prozent trotz Fahrverhaltensfehler einen positives Durchgang erzielen, jedoch hätten für die restlichen etwa 46 Prozent der Versuchspersonen die Brems- und/oder Lenkfehler zu einer Kollision geführt. Aus der Sicht der Verkehrssicherheit ist das fast 50 prozentige Risiko, eine solche kritische Situation nicht adäquat bewältigen zu können, wohl zu hoch. Testfahrer mit mehr als 7 Jahren Fahrerlaubnis erzielen im ersten Durchgang signifikant häufiger adäquate Bremsreaktionen als jene mit kürzerer Fahrerlaubnis. Bei den Lenkreaktionen beziehungsweise Hindernisbewältigungen fanden sich jedoch keine signifikanten Unterschiede. Die Hypothese, der zufolge Lenker, deren Fahrzeug mit ABS ausgestattet ist, in kritischen Verkehrssituationen öfter adäquat reagieren, kann in dieser Form nicht aufrechterhalten werden. Sowohl bei den Lenkreaktionen als auch bei der Hindernisbewältigung gab es keine signifikanten Unterschiede zu Fahrzeugen ohne ABS. Ausschliesslich bei den Bremsreaktionen (1. Durchgang) zeigen sich hochsignifikante Unterschiede. Jedoch konnten die im Vergleich zu Normalfahrzeugen verringerten Bremsfehler das Ergebnis nicht derart beeinflussen, dass die Hinderniskombinationsignifikant häufiger bewältigt werden konnte, obwohl eine Tendenz in Richtung oben angeführter Hypothese (p = .08) durchaus erkennbar ist. Die Datenanalyse mit Hilfe des Loglinearen Modells zeigt, dass es für Männer - bezogen auf die noch nicht nach geschulte Fahrzeugbeherrschung - wahrscheinlicher ist, die Hindernisse adäquat zu bewältigen. Für den 2. Durchgang konnte kein passendes Modell erzeugt werden. Auch die Chi-Quadrat-Statistiken deuten tendenziell (p =.07) auf eine häufiger nicht adäquate Hindernisbewältigung bei Frauen im 1. Durchgang hin. Hingegen finden sich signifikante Unterschiede in Teilbereichen. Während Männer eher zu Lenkfehlern (vor allem zu viel lenken) neigen, tendieren Frauen zu Bremsfehlern. Insgesamt fällt die beachtliche Steigerung der adäquaten Fahrerreaktionen vom 1. zum 2. Durchgang beziehungsweise die deutliche Verringerung der fehlerhaften Brems- und Lenkverhaltensweisen auf. Diese Verbesserung gilt für alle Gruppen und Fahrzeugtypen. Da sich Lenker mit hoher Fahrerfahrung bei der Hindernisbewältigung nicht signifikant von Lenkern mit geringer Fahrerfahrung unterscheiden, wird empfohlen, dass sowohl Fahranfänger als auch erfahrene Lenker regelmässig an einem Fahrtechnik- und Sicherheitstraining teilnehmen. (KfV/H)

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Library number
C 8216 [electronic version only] /83 / IRRD 332066
Source

Wien, Kuratorium für Verkehrssicherheit KfV, Abteilung Fahrausbilding und Kfz-Technik, 1993, 61 + 16 p., 30 ref.

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