Mehr Fahrzeugsicherheit durch Crashtests mit geringer Überdeckung?

Auteur(s)
Brockmann, S.
Jaar
Samenvatting

Pkw-Frontalkollisionen mit geringer Überdeckung („small overlap“) sind immer wieder in der fachlichen und auch in der öffentlichen Diskussion. Ausgelöst durch die Veröffentlichung entsprechender Testergebnisse durch das Insurance Institute for Highway Safety (IIHS), dem Fahrzeugforschungsinstitut der US-amerikanischen Versicherer, stellen sich Fragen nach der Relevanz im Unfallgeschehen sowie Folgerungen bzw. Umsetzungen daraus. Für Deutschland relevant ist das Thema, da auch deutsche Autohersteller schlechte Noten in diesen Tests erhielten. Es stellt sich nun die Frage, wie relevant die Pkw-Frontalkollision mit geringer Überdeckung im deutschen Unfallgeschehen ist und wie die Unfallfolgen dieses Kollisionstyps sind. Dazu hatte die Unfallforschung der Versicherer (UDV) eine umfassende Analyse von mehr als 3.000 Unfällen durchgeführt und im Jahr 2013 veröffentlicht. Heutige europäische gesetzliche Auflagen zum Pkw-Insassenschutz beinhalten nur Tests mit einer Überdeckung der Fahrzeugfront von 40 Prozent gegen eine deformierbare Barriere. In anderen Teilen der Welt gibt es andere gesetzliche Anforderungen, wie beispielsweise den Frontalaufprall mit voller Überdeckung gegen die starre Barriere in den USA. Allgemein werden die Tests mit voller Überdeckung als Rückhaltesystemtests bezeichnet, da bei ihnen die energieaufnehmenden Strukturen des Fahrzeugvorbaus wirken und die Rückhaltesysteme in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Kollisionen mit Teilüberdeckung verschärfen die Anforderungen an den Fahrzeugvorbau, da nicht mehr alle Fahrzeugteile an der Front zum Energieabbau zur Verfügung stehen. Hier spricht man eher von einem Strukturtest. Dies trifft für den Test mit einer 40-prozentigen Überdeckung zu. Wird der Bereich der Überdeckung weiter verkleinert, kommt es zu dem Fall, dass gar keine energieaufnehmende Struktur die Kollision mehr auffangen kann. Das ist bei einer 25-prozentigen Überdeckung der Fall. Man spricht dann von einer Kollision mit geringer Überdeckung (small overlap). Frontalkollisionen mit geringer Überdeckung machen etwa 15 Prozent aller Pkw-Unfälle und 25 Prozent aller Pkw-Frontalkollisionen in der UDV-Analyse aus. Bei den Pkw-Unfällen mit geringer Überdeckung ist in 52 Prozent der Fälle der Kollisionsgegner ein anderer Pkw, Kollisionen mit starren Hindernissen (Baum, Mast) sind sehr selten. Etwa 70 Prozent der Pkw-Frontalkollisionen mit geringer Überdeckung sind Unfälle mit einem oder maximal zwei Beteiligten. Es handelt sich hier vor allem um Abbiegen/Kreuzen-Unfälle (29 Prozent), Gegenverkehrsunfälle (20 Prozent) und Kollisionen mit einem motorisierten Zweirad (19 Prozent). Die Unfallfolgen sind für die betroffenen Fahrer im Pkw mit geringer Überdeckung tendenziell weniger schwer als bei Frontalkollisionen mit größerer Überdeckung. Es zeigen sich allerdings bei Kollisionen mit geringer Überdeckung spezielle Verletzungsmuster beim angegurteten Fahrer. Vor allem schwere, kostenintensive Verletzungen an den unteren Extremitäten, die eine relativ lange Behandlungsdauer erfordern und häufig in einem Dauerschaden enden, sind bei diesen Unfällen wesentlich häufiger festzustellen. Unfälle mit Frontalkollisionen und geringer Überdeckung sind demnach genauso relevant wie Unfälle mit größerer Überdeckung. Diese Relevanz nimmt zu oder ab, je nachdem welche Betrachtungsebene gewählt wird: Bezogen auf die beim Unfall Getöteten ist die Relevanz von Frontalkollisionen mit geringer Überdeckung gering. Bezogen auf schwere Verletzungen der unteren Extremitäten jedoch ist die Relevanz dieser Kollisionen hoch. Mittlerweile ist der Test des IIHS in ein standardisiertes Verfahren überführt worden und Bestandteil der Fahrzeugsicherheitsbewertung dieser Organisation. In Europa hat sich solch ein Test bis heute nicht in der Gesetzgebung oder in den Verbraucherschutztests von EuroNCAP etabliert. Die deutschen Fahrzeughersteller haben jedoch bereits reagiert und die Auslegung ihrer Fahrzeuge angepasst. Alles in allem also ein Mehraufwand für den Fahrzeughersteller, aber auch mehr Sicherheit für den Verbraucher. (Author/publisher)

Publicatie

Bibliotheeknummer
20160959 ST [electronic version only]
Uitgave

Berlin, Unfallforschung der Versicherer (UDV), 2014, 1 p.; Fachbegriffe der Verkehrssicherheit ; Nr. 22

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