Rechtsstaatliche Anforderungen an die Erkennbarkeit von unrechtmässigem Verhalten im Strassenverkehrsrecht und das Erkenntnis VfGH 29. 6. 2001, V 98/99.

Auteur(s)
Hiesel, M.
Jaar
Samenvatting

Der vorliegende Beitrag behandelt aus Anlass der Entscheidung des oesterreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH) die Frage, welche Anforderungen aus dem in Artikel 18 Absatz 1 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) und aus Artikel 7 der Europaeischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hinsichtlich des Determinierungsgrades strassenverkehrsrechtlicher Vorschriften abgeleitet werden koennen, die den Rechtsunterworfenen ein bestimmtes Verhalten unter Androhung einer Verwaltungsstrafe gebieten. Gestuetzt auf Paragraph 43 der Strassenverkehrsordnung verordnete der Buergermeister der Stadt Graz fuer Strassenstrecken vor Volksschulen eine Geschwindigkeitsbeschraenkung von 30 Stundenkilometern an Schultagen von 7 bis 19 Uhr. Beim Verfassungsgerichtshof wurde aus Anlass der Verhaengung einer Geldstrafe infolge der Verletzung dieser Verordnung ein Antrag auf Aufhebung der Verordnung "wegen Verletzung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verstaendlichkeit einer Norm ihrem gesamten Inhalte nach" gestellt. Dieser Antrag wurde vom VfGH als unbegruendet abgewiesen. Begruendet wurde dies damit, dass der Schultag gesetzlich definiert und hinreichend bestimmt sei. In den wenigen Faellen, in denen Zweifel bestehen koennen, ob es sich um einen schulfreien Tag handle, koenne vom Verkehrsteilnehmer erwartet werden, dass er die Geschwindigkeit vermindere, um so einer Bestrafung zu entgehen. In der Begruendung des VfGH wird keine Vorjudikatur herangezogen. Der VfGH geht nicht nur von sehr weiten Grenzen der Zumutbarkeit der Einholung von Informationen aus, sondern ist ueberdies bereit, die Zumutbarkeit der Unterlassung eines moeglicherweise rechtswidrigen Verhaltens bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmbarkeit einer Verbotsnorm einfliessen zu lassen. Gemaess Artikel 18 Absatz 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung "nur auf Grund der Gesetze ausgeuebt werden". Daraus folgt unter anderem eine Verpflichtung des Gesetzgebers, das Handeln der Verwaltung dergestalt zu determinieren, dass es auf seine Uebereinstimmung mit dem Gesetz ueberprueft werden kann. Der Inhalt einer Regelung hat demnach soweit bestimmbar zu sein, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann. Beim Strafrecht verlangte der VfGH bisher einen besonders hohen Determinierungsgrad der einschlaegigen Regelungen. Aus Artikel 7 Absatz 1 erster Satz EMRK kann fuer strafrechtliche Normen ein Klarheitsgebot abgeleitet werden. Somit kann festgehalten werden, dass Strafrechtsnormen einen besonders hohen Determinierungsgrad aufweisen muessen, dem nur dann entsprochen ist, wenn der Unrechtsgehalt eines Handelns oder Unterlassen dem Einzelnen eindeutig vor Augen gestellt wird. Dies ist auch fuer den Bereich des Verkehrsstrafrechts massgeblich. Daher ist die versuchte alternative Deutung des Erkenntnisses des VfGH wenig plausibel . Es bleibt zu hoffen, dass der VfGH in seiner kuenftigen Rechtsprechung deutlich zum Ausdruck bringen wird, dass er nicht beabsichtigt, von den wohlbegruendeten Grundlinien seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und dass es in dem sensiblen Bereich des Strassenverkehrsrechts keine Zonen "verduennter" Rechtsstaatlichkeit geben kann. (KfV/A)

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Bibliotheeknummer
C 23444 [electronic version only] /73 / ITRD D346751
Uitgave

Zeitschrift für Verkehrsrecht, Vol. 47 (2002), No. 4 (April), p. 110-117

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