Sicherheit an Bahnübergängen. Im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (UDV).

Auteur(s)
Hantschel, S. Hoefert, C. Kollmus, B. Pohle, M. Schöne, E. Bakaba, J.E. & Ortlepp, J.
Jaar
Samenvatting

Bahnübergänge bilden besondere Kreuzungssituationen, an denen sich zwei Verkehrssysteme mit unterschiedlichen Eigenschaften und Sicherheitsphilosophien begegnen. Während im Straßenverkehr das menschliche Verhalten als wesentlicher Sicherheitsfaktor zu betrachten ist, wird die Sicherheit im Eisenbahnverkehr überwiegend durch technische Systeme gewährleistet. Diese Herangehensweisen treffen am Bahnübergang aufeinander, wodurch Konflikte entstehen können: So gilt die für die Straßenverkehrssicherheit elementare Verhaltensregel der gegenseitigen Rücksichtnahme am Bahnübergang nur sehr eingeschränkt, da eine Abwendung drohender Unfälle durch beteiligte Personen seitens des Eisenbahnverkehrs nahezu ausgeschlossen ist. Im Unfallgeschehen des Straßenverkehrs stellen Bahnübergangsunfälle mit weniger als 0,03 % zahlenmäßig zwar nur einen sehr geringen Anteil dar, weisen jedoch mit über 1 % Anteil der im Straßenverkehr Getöteten eine überproportionale Unfallschwere auf (Statistisches Bundesamt, 2012a). Die Personenschäden bei solchen Unfällen treten zum deutlich überwiegenden Teil bei den Straßenverkehrsteilnehmern auf. Bezogen auf den Eisenbahnverkehr bilden Bahnübergänge einen Schwerpunkt im Unfallgeschehen: Zwischen 30 % und 40 % aller Unfälle mit Personenschäden im Eisenbahnverkehr ereignen sich an Bahnübergängen (Statistisches Bundesamt, 2012b). In Verbindung mit der noch immer großen Anzahl Bahnübergänge - allein rund 20 000 bei der Deutschen Bahn (DB Netz, 2011) - führt dies zu einer hohen Relevanz des Themenbereichs der Bahnübergangssicherheit sowohl für den Straßen- als auch für den Schienenverkehr. In Deutschland sind Ursachen und Einflussfaktoren von Bahnübergangsunfällen bisher kaum untersucht. Seitens der Bahnbetreiber endet die Ursachenanalyse meist mit der Feststellung „Fehlverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer“, die bei rund 95 % der Unfälle identifiziert wird (DB Netz, 2011). Diese ausschließlich juristische Sichtweise leistet jedoch keinen Beitrag zur Sicherheitsarbeit. Deutsche wissenschaftliche Arbeiten zum Thema sind größtenteils mehr als 20 Jahre alt. Im Ausland wurden hingegen in jüngerer Zeit umfangreiche Studien zur Bahnübergangssicherheit durchgeführt (vgl. Internationaler Eisenbahnverband, 2005 und Australian Transport Safety Bureau, 2001). So sind Risikomodelle unter anderem bekannt aus: - USA mit zahlreichen Risikoformeln und -modellen seit den 1940-er Jahren, - Israel mit einem statistikbasierten Gefährdungsindex (1997), - Australien mit einem semi-quantitativen Risikomodell (2002), - Ungarn mit einem Punktesystem für Risiken (2004), - Südkorea mit einem statistikbasierten Risikomodell (2006), - Portugal mit einem semi-quantitativen Risikomodell (2010), - Österreich mit einem statistikbasierten Risikomodell (2012). Eine unmittelbare Übertragung ausländischer Risikomodelle auf Deutschland ist kaum möglich, allerdings können grundlegende methodische Erkenntnisse genutzt werden. Schließlich sind die Rechtsnormen und Regelwerke zur Gestaltung von Bahnübergängen in Deutschland bisher nur in geringem Maße risikoorientiert. Die betreffenden Vorgaben der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung sind seit 1967 bis heute nahezu unverändert geblieben (vgl. EBO 1967 und 2008), obwohl sich die Verhältnisse im Schienen- und Straßenverkehr seither deutlich gewandelt haben. Außerdem unterscheiden sich die nachgeordneten Regelwerke je nach Eigentumsverhältnissen der Eisenbahninfrastruktur, was der Verkehrssicherheit nicht förderlich ist (vgl. Schöne, 2011a). Ausgehend von der geschilderten Situation sollen im Rahmen der vorliegenden wissenschaftlichen Aufgabenstellung die folgenden Fragen beantwortet werden: Welche Faktoren beeinflussen das Risiko an Bahnübergängen in welchem Maße? Unfälle an Bahnübergängen sind nicht zufällig verteilt, sondern von verschiedenen Parametern abhängig (Beard und Melo, 2010). Diese sind zu identifizieren und in ein Risikomodell zu integrieren, wobei Eigenschaften des Schienenverkehrs, des Straßenverkehrs und des Bahnübergangs berücksichtigt werden müssen (SELCAT-Arbeitsgruppe, 2008a). Mit welchen Maßnahmen kann dieses Risiko wie stark beeinflusst werden? Neben den bestehenden Sicherungsmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche neuartige Ansätze entwickelt (vgl. Rösiger, 2006 und Federal Railroad Administration, 2001b). Unter Berücksichtigung der Einsatzbedingungen sind die erwarteten Wirkungen auf das Risiko abzuschätzen. Die wesentliche Aufgabe des Projektes besteht somit in der Erarbeitung eines praktisch handhabbaren Verfahrens zur Risikoanalyse, Risikobewertung und Maßnahmenauswahl an Bahnübergängen. (Author/publisher)

Publicatie

Bibliotheeknummer
20170495 ST [electronic version only]
Uitgave

Berlin, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV, 2016, 195 p., 151 ref.; Forschungsbericht ; Nr. 44 - ISBN 978-3-939163-72-5

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